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Olympia-Bronze für deutsche Teamsprinter
Erfolgreiches Olympiadebüt für den Geraer René Enders vom Erfurter Sprintteam.
(23.08.2008 / Hallo Gera zum Sonntag / Reinhard Schulze)

Gera/Peking. Nach dem Olympia-Debakel auf der Straße lag die ganze Hoffnung des deutschen Radsports auf den Teamsprintern. René Enders, Maximilian Levy und Stefan Nimke sicherten dann die erhoffte Medaille, distanzierten im kleinen Finale die Australier mit einem Vorsprung von acht Tausendstel Sekunden und konnten so von Prinz Willem Alexander der Niederlande die Bronzemedaille in Empfang nehmen. Zu den gefeierten Helden gehört der Geraer René Enders aus dem Erfurter Sprintteam. "Hallo Gera zum Sonntag" bat den 21-jährigen Sprintspezialisten auf ein Wort:

Erfolgreiches Olympiadebüt für den Geraer René Enders vom Erfurter Sprintteam. Zuerst, herzlich Glückwünsch von den Lesern unsere Zeitung zur olympischen Bronzemedaille. Was war ihre ersten Gedanken?
Richtig realisiert habe ich es noch nicht. Es ist für mich so unfassbar, will erst einmal die ganze Anspannung von mir abstreifen. Die Freude war riesig groß. Ich hatte feuchte Augen. Wir haben uns umarmt und immer wieder vor uns her gesagt: "Wir haben die Medaille, wir haben sie wirklich!"

Der Sieg im entscheidenden dritten Lauf, dem kleinen Finale um Platz drei, fiel mehr als nur knapp aus. Fast hätten es die Australier geschafft? Aber eben nur fast. Wir waren schneller. Unser Bundestrainer wollte ein harmonisches Team. Gerade im Lauf um Bronze konnten wir zeigen, was wir tatsächlich drauf haben und dass wir sogar noch zu setzen können. Unser Schlussfahrer Stefan Nimke war einfach Spitze und hat es uns allen gezeigt, dass man mit 30 Jahren für den Teamsprint nicht zu alt ist.

Nach zwei perfekten Starts, patzten Sie im Lauf um Bronze. Wenn es mit der Medaille nicht geklappt hätte, wären sie dann der Buhmann?
Im Teamsprint gewinnt und verliert man gemeinsam, heißt es. Aber im Ernst. Ich denke schon, dass man mir Vorwürfe gemacht hätte. Das ist aber normal. Bestimmt hätte ich mich am meisten über mich selbst geärgert. Es ist aber auch Sport und da liegen Sieg und Niederlage meist eng beieinander. Besonders wenn der Druck, der auf uns lastete, so groß ist und wenn es so dann noch so hauchdünn zu geht.

Sie galten als der Nervenstarke im Team und im entscheidenden Moment, haben ihre Nerven versagt?
Ich weiß nicht, war vielleicht etwas unkonzentriert, dann habe ich zu früh Druck auf die Pedale gemacht, obwohl die Startmaschine mein Rad noch nicht freigegeben hatte. Im gleichen Moment habe ich meinen Oberkörper nach vorn verlagert, das Hinterrad dreht durch und so war es passiert. Es war einfach passiert.

Sie hätten sich aber hinwerfen können um so einen Neustart zu erzwingen?
Stimmt, hätte ich machen können, habe ich aber nicht. Ich weiß nicht wie viel oder wie wenig Zeit mir geblieben wäre, darüber zu entscheiden, ob ich durchstarte oder mich fallen lasse. Irgendwie spürte ich, dass mein Adrenalinspiegel so hoch war, dass ich mich nicht fallen lassen konnte. Gut, ich hatte es verpatzt, aber jetzt konnten wir zeigen, ob wir ein Team sind. Und das geile daran ist, dass wir wirklich ein Team sind. Und dafür gebe ich den anderen einen aus.

Sie wollten eine Medaille und sie haben im Team Bronze geholt. Fragt man sich da nicht, ob noch mehr drin gewesen wäre?
Gold bei Olympia ist das Größte. Das kann man nicht toppen. Vor vier Jahren in Athen hat es ja geklappt. Und soweit waren wir auch nicht entfernt, zu mindestens vom Einzug ins Finale. Obwohl es in der Qualifikation gegen Großbritannien noch nicht wirklich rund lief. Doch wir wussten, dass wir schneller sein können, was wir dann auch im Zwischenlauf deutlich zeigten. Dort kam es zur Neuauflage des Olympiafinales von Athen, wo Stefan Nimke schon mit dabei war. Auch diesmal waren wir schneller als die Japaner und fuhren in 43,699 Sekunden so schnell wie noch kein anderes deutsches Teamsprinttrio zuvor. Wir hatten den Einzug ins Finale um nur 43 Hundertstel verpasst. Silber wäre dann bestimmt drin gewesen. Mine Trost: In vier Jahren gibt es ja wieder Olympische Spiele.

Mit einer Olympiamedaille in der Hand, denkt man da auch zurück, wie alles einmal angefangen hat?
Ich auf jedem Fall. Vor sechs Jahren kämpfte ich als Judoka noch auf der Matte. Dann holte mich Gerald Mortag zum Radsport in den SSV Gera 1990 wo mir Rolf Riemann in der Schülerklasse das ABC des Radsports beibrachte und in der Jugend Andreas Wartenberg unverblümt offenbarte, dass Straßenradsport nichts für mich ist und ich besser auf der Bahn im Kurzzeitbereich aufgehoben wäre. In Erfurt traf ich dann auf Jochen Wilhelm. Ihm hatte ich auch fest versprochen, mit einer Medaille aus Peking zurückzukehren, gewissermaßen als Dankeschön zu seinem Abschied als Trainer.

Sie sind erst 21. Sie können im Radsport noch vieles erreichen. Fühlen sie sich schon jetzt als ein "alter Hase"?
Stimmt ich bin noch sehr jung, aber um mich zu den "alten Hasen" zu zählen, zu denen beispielsweise Stefan Nimke gehört, ist es noch ein weiter Weg. Das hat auch nicht unbedingt etwas mit dem Lebensalter zu tun. Doch ich denke, dass ich gerade im letzten Jahr einen großen Schritt nach vorn getan habe. Ich habe hart gekämpft für diesen Moment: Olympia in Peking. Ich bin im letzten Jahr meinen ersten Weltcup gefahren, dann habe ich mich hauchdünn im Stechen für die Weltmeisterschaft qualifiziert, habe die Bundespolizei-Ausbildung unterbrochen, um alles Mögliche für einen Olympiastartplatz zu tun. Jetzt kann ich sagen, es hat sich gelohnt.

Da wird nun bestimmt auch kräftig gefeiert?
Das würde ich schon gerne. Nur im Moment fehlt dazu die Zeit. In der kommenden Woche finden in Büttgen die Deutschen Bahnmeisterschaften statt und eine Woche später beginnen die Europameisterschaften in Warschau.

Wir danken für Ihr Gespräch und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg.


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23.08.2008 - www.diehallos.de