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Ein halber Quadratmeter Haut
(18.07.2008 / Thüringer Allgemeine / Michael Voss)

Er will kein Mitleid. Er will den Stammplatz. Nach einem schweren Sturz geht der Thüringer Olympia-Starter Robert Förstemann heute beim SWE-Sprint-Grand-Prix im Erfurter Andreasried gehandicapt - unter Schmerzen - in einen seiner wichtigsten Saisonwettkämpfe.

ERFURT. Die Freizeichen-Musik auf seinem Handy ist geradezu programmatisch: "Dieser Weg wird kein leichter sein, dieser Weg wird steinig und schwer . . .", mahnt Xavier Naidoo statt eines Ruftones, wenn man seine Nummer wählt. Oh ja, wie wahr.

Nach einem schweren Sturz geht der Thüringer Olympia-Starter Robert Förstemann heute beim Swe-Sprint-Grand-Prix im Erfurter Andreasried gehandicapt - unter Schmerzen - in einen seiner wichtigsten Saisonwettkämpfe. "Ein halber Quadratmeter Haut war runter - Beine und Arme völlig voller Schürfwunden. Ich wusste gar nicht, wie ich nachts im Bett liegen sollte", erinnert sich der 22-Jährige an seinen schlimmen Sturz vor zwei Wochen beim Sprint in Cottbus. In einem Hoffungslauf bei 60 km/h. Vor allem der geprellte Mittelhand-Knochen links schmerzt noch beim Ziehen am Lenker.

Und ziehen muss der breitschultrige Geraer mächtig, wenn er sich gegen den Cottbuser Maximilian Levy (21) im von Bundestrainer Detlef Uibel angesetzten Stechen durchsetzen will. Alles dreht sich dabei in den Vorläufen ab 10 Uhr um die zweite Position im zu Olympia recht medaillenträchtigen Teamsprint. Es geht darum, wer von beiden am besten das Tempo des als Anfahrer gesetzten Erfurters René Enders aufnehmen und fortführen kann. Und so werden beide in unterschiedlichen Läufen hinter dem kleinen, so antrittsschnellen Erfurter eingesetzt. Carsten Bergemann (Heidenau) im " Förstemann-Trio" und Stefan Nimke (Schwerin) im " Levy-Team" komplettieren die Teams. "Ich will nicht klagen, suche trotz allem meine Chance", sagt Förste- mann, der von aktuellen Problemen wegen einer Magenschleimhautentzündung eigentlich gar nicht reden will. "Das ist alles ärgerlich, ich war jahrelang nie krank oder verletzt", meint der robuste Polizeimeister-Anwärter kopfschüttelnd. Der Zeitpunkt für das Stechen stand indes lange fest, in Cottbus musste Teil eins wegen seines Sturzes ausfallen. "Die Zeit vor Peking drängt nun aber", kann Coach Uibel diesmal keine Rücksicht nehmen. Dennoch würde Förstemann es akzeptieren, wenn sich Levy durchsetzt. "Das beste Team soll fahren. Wenn die Gründe nachvollziehbar sind, bin ich der letzte, der meckert", sagt der Thüringer, der so gute Erinnerungen nicht an Erfurt hat. Vor allem mit der Hierarchie im Swe-Team kam er einst nicht zurecht, beanspruchte selbst eine Leitwolf-Rolle, ging dann frustriert, fand mit Training in Chemnitz und Berlin zu neuer Form und WM-Bronze im Teamsprint 2007 zurück. Die neue moderne Erfurter Bahn kennt er "noch nicht genau".

Dennoch hofft der Katzenfreund zumindest im heutigen Hauptprogramm ab 17 Uhr auf Unterstützung eines beachtlichen Fanblocks: Die Eltern Uta und Frank, Freundin Melanie (21) und seine Tante Antje drücken vor Ort die Daumen ebenso wie ein gutes Dutzend Geraer Radsportler. Das obige Verwandtschafts-Quartett wird übrigens auch nach Peking düsen. "Das wird für alle ein Riesenerlebnis - aber noch besser, wenn ich im Wettkampf fahre". Denn Förstemann ist zumindest als Ersatzmann dabei, hat sich bei der deutschen Einkleidung mit über 20 schicken T-Shirts eingedeckt. Und die Hosen wegen der dicken Sprinter-Oberschenkel eine Nummer größer genommen. "Unten kann man ja abschneiden", meint er trotz des immensen Druckes augenzwinkernd und gutgelaunt.

Sauer indes ist er, einst selbst bei der Tour de France als Fan vorort, auf "diese dummdreisten Betrüger, die dort noch mitfahren und negativ auf den Bahnbereich ausstrahlen". Dieser sei vom Thema Doping kaum betroffen. Aber auch er sei schon im Straßentraining "mit Sprüchen dumm angemacht worden".

Er weiß: Auch dieser Weg wird kein leichter sein...


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