Der Geraer John Degenkolb gewann im Trikot des H&R race Team die diesjährige Internationale Junioren-Etappenfahrt von Cottbus.
Der Geraer John Degenkolb gewann im Trikot des H&R race Team
die diesjährige Internationale Junioren-Etappenfahrt von Cottbus.

Gera, 05.09.2007
"Berge müssen nicht unbedingt sein"
Geraer John Degenkolb startet 2008 für das Thüringer Energie Team.


John Degenkolb präsentiert seine JWM-Silbermedaille Mit Gelassenheit nimmt John Degenkolb den Bericht in der Zeitschrift "RadSport" über die Juniorenweltmeisterschaft in Mexiko zur Kenntnis. Mit ruhiger Stimme spricht er über seine Erlebnisse. Dabei erwartet man, dass es aus ihm nur so heraussprudelt, ist er doch Vizejuniorenweltmeister auf der Straße im Einzelzeitfahren geworden. Darauf angesprochen, lächelt er nur. Er ist kein Radsportler, der über seine Erfolge viel Aufsehen macht. Die Silbermedaille ist sein Erfolg. Er hat sie sich auf der 27,8 km langen Zeitfahrstrecke von Aguascalientes erkämpft. Sein Lohn für kämpferischen Einsatz, Willensstärke und Ehrgeiz und dabei bestrebt, immer alles gut, ja perfekt zu machen. In der kommenden Radsportsaison startet John Degenkolb für das Thüringer Energie Team.
1989 geboren, in der Zeit des gesellschaftlichen Umbruchs, hieß es bald für seine Eltern, die Koffer zu packen. Bedingt durch die berufliche Tätigkeit seines Vaters Frank, zog es die Familie von Johns Großeltern, väterlicherseits, weg von Gera ins bayrische Weißenburg, wo er seine Kindheit verbrachte. Wie jeder Junge in seinem Alter versuchte er sich im Fußball. Ballführung, Trippeln und dem Ball hinterherzulaufen, darauf hatte er weder Bock noch verspürte er, das Talent dafür zu besitzen. Mit dem Rad durch die Straßen zu düsen, das gefiel ihm schon besser. Da hatte sein Vater ihm etwas vererbt, der selbst viele Jahre in Gera bei der SG Wismut Gera kräftig in die Pedale getreten hat. Er fand schon gefallen daran, dass sein Sohn als 8-jähriger sich für das Radfahren interessierte.
JWM-Silbermedaillengewinner im Einzelzeitfahren John Degenkolb (l.) Was vor gut zehn Jahren für John mehr spielerisch begann, ist heute zu einer für ihn ernsten Sache geworden. Bei den "Erste-Schritt-Rennen" im Herbst 1997 ging es noch nicht um Siege und Anerkennung, es war mehr die Beherrschung des Rennrades, das Austesten der Spurtschnelligkeit und das Fahren im Feld, was sein Vater mit viel Aufmerksamkeit und prüfenden Blicken beobachtete. Es folgten die ersten Trainingseinheiten, bis John in der Saison 2000/01 in den aktiven Radsport beim RC Germania Weißenburg einstieg. Trainiert von seinem Vater, gelang es ihm, in den folgenden Jahren bei wichtigen Wettkämpfen immer wieder Achtungszeichen zu setzen, ohne dabei sich in eine Favoritenrolle drängen zu lassen. Der "Degenkolb-Clan" scheute weder Mittel noch Mühe, um John bei den Wettkämpfen moralisch den Rücken zu stärken und war nicht zu überhören. In seinem zweiten U13-Jahr gewann er die Internationale Kids-Tour von Berlin, ein Gesamtsieg, den er im zweiten U15-Jahr in der Schülerklasse wiederholen konnte. Im gleichen Jahr wurde er Süddeutscher Straßenmeister und Deutscher Schülermeister auf der Straße. Ein Jahr zuvor, es war sein erstes Schülerjahr, gewann er die Kleine Friedensfahrt im Rahmen der TMP-Jugendtour in Waltershausen. 2004, als Jugendfahrer im ersten Jahr, feierte er mit der Goldmedaille in der Einerverfolgung seinen ersten Deutschen Meistertitel im Bahnradsport. 2005 gewann er die Deutschen Straßenmeisterschaft in der Jugend.
Nach seinem erfolgreichen Schulabschluss wechselte er von Bayern nach Thüringen zum SSV Gera 1990. Mit etwas Wehmut aus den sportlich betreuten Händen von Vater Frank Degenkolb und Landestrainer Peter Ganzenberg an Geras Trainer Gerald Mortag übergeben, riss die Erfolgsbilanz des heute 18-jährigen nicht ab. Im Vorjahr gewann er im Trikot des LV H&R Race Team Gera die Junioren-Bundesliga und wurde vom Bund Deutscher Radfahrer für die Juniorenweltmeisterschaft im Straßenradsport nominiert, wo er sich im Einzelzeitfahren auf Rang 16 platzieren konnte. In der laufenden Saison mehr Erfahrungen gesammelt und an Stärke gewonnen, überzeugte er bei der Deutschen Meisterschaft im Einzelzeitfahren, wo er nach Gold griff. Als einer der hoffnungsvollen Starter ging er bei der Juniorenweltmeisterschaft in Mexiko an den Start. JWM-Vizemeistertitel im Einzelzeitfahren sowie ein fünfter Platz im 1er-Straßenfahren - eine Erfolgsbilanz, die sich sehen lassen und stolz machen kann.
Für seinen Trainer wie auch für den Bundestrainer ist John Degenkolb ein Allrounder, auch wenn er selbst sagt: "Berge müssen nicht unbedingt sein." Der 1,80 Meter große und 78 kg schwere John Degenkolb sieht im T-Mobile Radprofi Eric Baumann sein Vorbild.
Tour de France Teilnehmer Enrico Poitschke gratuliert seinem Paten John Degenkolb zum Junioren-Vizeweltmeistertitel im Einzelzeitfahren und zum 5.Platz im 1er-Straßenfahren. "Er hat eine ähnliche Statur, was mich hoffen lässt, dass ich mich auch so entwickeln werde", meint John Degenkolb, der zurzeit seine Ausbildung bei der Bundespolizei absolviert und fest davon überzeugt ist, dass seine Entscheidung für den Wechsel nach Gera, zum SSV und zu Gerald Mortag, der richtige Weg für ihn war. In der aktuellen BDR-Rangliste auf Platz eins, musste er seine Führung in der Sonderwertung der Internationalen Deutschen Meisterschaft abgeben, und liegt dort, da er aus gesundheitlichen Gründen bei der Internationalen Münsterland-Tour nicht am Start war, auf Rang drei.
Wenn er nicht für seinen Beruf lernt, Wettkämpfe bestreitet oder trainiert, dann nutzt er seine verbleibende Freizeit, um im Internet zu surfen, mit Freunden zu chatten, zu spielen oder eben nur abzuhängen. Gern steht er auch zur Abwechslung auf den Langlaufskiern. Doch die meiste Zeit verbringt er auf dem Rennrad. Im Durchschnitt bringt er es in der Saison so auf gut 15000 Kilometer. In diesem Jahr werden es sogar bis zu 17000 km.   (rs)

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05.09.2007 - www.ssv-gera.de