Mit seinem punktgenauen Start als Anfahrer legte Robert Förstemann (r.) mit drei zehntel Sekunden Vorsprung in der ersten Runde gegenüber den Holländern die Grundlage für den erfolgreichen Kampf um Platz drei im Teamsprint bei der Weltmeisterschaft in Palma de Mallorca.
Mit seinem punktgenauen Start als Anfahrer legte Robert Förstemann (r.) mit drei zehntel Sekunden
Vorsprung in der ersten Runde gegenüber den Holländern die Grundlage für den erfolgreichen Kampf
um Platz drei im Teamsprint bei der Weltmeisterschaft in Palma de Mallorca.

Palma de Mallorca, 29.03.2007
"Im Teamsprint gewinnt und verliert man gemeinsam"
BDR-Trio nach Fehlstart mit vier hundertstel Sekunden zu WM-Bronze.


Im Innenraum der WM-Mallorca-Arena herrscht reges Treiben. Langsam füllen sich die Zuschauerränge. Der Lärmpegel steigt. Noch zehn Minuten bis zum ersten Start für Robert Förstemann, Maximilian Levy und Stefan Nimke. Es folgt der erste Aufruf zur Startaufstellung für das Qualifikationsrennen des BDR-Aufgebots im Teamsprint. Ein letzter Handgriff an den Rennrädern. Selbst der kleinste Staubfleck am Rad wird mit einer eleganten Bewegung weggewischt, als könnte er am Ende über Sieg und Niederlage entscheiden. Es folgt ein für sie immer wiederkehrendes Ritual vor dem Start, bei dem sie sich Mut zusprechen: "Jetzt gilt es. Wir schaffen das!" Ihre anfängliche Lockerheit, wie verflogen. Ihre Gesichtszüge lassen Anspannung erkennen. Ein kurzer Blick in Richtung Traversen. Drei leere Plätze registriert Robert. Er bleibt gelassen, bald werden sie besetzt sein. Was sich unten auf dem Holz-Oval gleich abspielen wird, das werden sich seine Eltern und seine Freundin nicht entgehen lassen.
Konzentriert gehen Robert, Maximilian und Stefan an den Start. Ihre rechte Hand am Sattel, führen sie ihre Rennräder bis an die Startlinie. Jeder Handgriff sitzt. Jede Bewegung genau aufeinander abgestimmt. Alles getreu einem Regieplan. Für die drei kein Problem. Zu oft haben sie das schon durchgespielt. Während über den Lautsprecher der letzte Aufruf zum Start zu hören ist, haben die drei bereits ihre Startposition eingenommen. Letzte Hinweise von Bundestrainer Detlef Uibel. Die Pedalen für den schnellen Antritt in Position gebracht, sitzen die drei auf ihren Rennrädern. Während die Räder von Maximilian und Stefan von Menschenhand gehalten werden, erfolgt Robertīs Start aus der Startmaschine heraus. Mit dem Startschuss folgt die Freigabe seines Rades.
Nach der Dramatik im WM-Teamsprint-Wettbewerb überglücklich über ihre Bronzemedaille: Stefan Niemke, Maximilian Levi, Robert Förstemann. "Startschuss, Freigabe, Antritt, alles muss stimmen, jedes Hundertstel zählt", geht es Robert durch den Kopf. Noch einmal richtet er sich auf, atmet kräftig durch. Zehn Sekunden bis zum Start. Seinen Körper nun leicht nach vorn gebeugt, den Lenker fest im Griff, die Rennschuhe eingeklickt, bringt er sich in die für ihn optimale Startposition. Bereit, sofort in die Pedalen zu treten, wartet er auf den Startschuss. Noch ein kurzer Blick in Richtung des Trainers. Doch was ist das? Noch bevor Robert den Starschuss registrieren kann, schiebt sich Maximilian über die Startlinie. Das Rennen freigegeben, dann aber doch abgepfiffen. Fehlstart. "Nur ruhig bleiben. Nicht aufregen", kommt es Robert flüsternd über die Lippen. Er klopft Maximilian auf die Schulter: "Auf ein Neues." Zeit zum Verarbeiten dieses Debakels bleibt ihnen nicht. Dennoch liegen die Nerven blank. Noch so ein Fehlschlag, und sie sind raus, die Medaillenchance dahin und alles war umsonst.
Es folgt der Aufruf zum zweiten Start. Von den Zuschauerrängen tönen Anfeuerungsrufe herunter. "Deutschland! Jetzt aber richtig!" Robert glaubt, die Stimme von Boxweltmeister Sven Ottke zu erkennen. Es folgte der Startschuss. Fast lehrbuchreif verläuft der Qualifikationslauf mit einer für die deutschen Teamsprinter traumhaften Zeit von 44,138 Sekunden, womit der Einzug in das Kleine Finale um Platz drei sicher ist. Die drei liegen sich in den Armen.
Es gibt Glückwunsche vom Trainer. Der Fehlstart vergessen. So schnell war seit Olympia 2004 kein deutsches Team mehr gefahren. Damit werden sie erfolgreicher von der WM nach Hause zurückkehren als 2005, wo es nur zu Platz fünf gereicht hatte. Trotz Freude, dann doch etwas Enttäuschung. Nachdem alle Teams ihre Qualifikation hinter sich gebracht hatten, war es offiziell: den Einzug in das Große Finale, und damit den Kampf um den WM-Titel, hatten sie nur um eine zehntel Sekunde verfehlt. Noch haben sie keine Medaille, dazu muss das Holländer-Trio bezwungen werden. Für Förstemann & Co. keine unlösbare Aufgabe, waren doch die Holländer in der Qualifikation um drei zehntel Sekunden langsamer.
Zwanzig Minuten vor dem Start zur Qualifikation entschied Bundestrainer Detlev Uibel, die Startposition zwei und drei zu tauschen. Schon bei der WM-Vorbereitung zeigte sich, dass Maximilian mit dem von Robert vorgegebenen Tempo nicht mithalten konnte. Auch die letzten Versuche auf Mallorca schlugen fehl. Noch war Zeit, über eine Veränderung in der Startreihenfolge nachzudenken. Dabei rechnet der Bundestrainer mit der Erfahrung des 29-jährigen Teamsprint-Olympiasiegers Stefan Nimke. Von den Zuschauerrängen her bleibt es nicht unbemerkt, dass im deutschen Fahrerlager rege diskutiert wird. Dann, Sportler und Trainer reichen sich die Hände. Der Wechsel ist besiegelt. Stefan Nimke tauscht mit Maximilian Levy die Startposition. Zeit für einen Testlauf gibt es nicht. Ein hohes Risiko, was die drei Sportler um ihren Trainer eingehen. Ein Risiko, was am Ende mit einer Bronzemedaille belohnt wurde.
"'Go Germany Go!', schallte es von der Tribüne herunter. Es war der Wahnsinn, wie die Zuschauer hinter uns standen. Es schien aber, als habe nur ich das alles mitbekommen. Max und Stefan hatten dafür kein Ohr. Für sie gab es nur eins: treten, treten, treten", erinnert sich Anfahrer Robert Förstemann, dem ein punktgenauer Start gelang und der mit drei zehntel Sekunden Vorsprung in der ersten Runde gegenüber den Holländern die Grundlage für den erfolgreichen Kampf um Platz drei legte. Doch was war das. Robert stockt der Atem. Maximilian kann mit dem vorgegebenen Tempo nicht mithalten, verliert an Boden. Die Holländer holen auf, der Vorsprung verringert sich. Nun liegt es an Stefan. "Stefan schafft es, natürlich schafft er es", redete sich Robert ein. Und in der Tat, der Routinier wächst förmlich über sich hinaus. Angefeuert vom Publikum legte er sich voll ins Zeug, gleicht den Rückstand von Maximilian aus, legte noch zu und fährt so die Bronzemedaille mit einem Vorsprung von vier hundertstel Sekunden ein. Jetzt haben alle gut lachen. Wieder einmal bestätigte sich Robertīs Motto: "Im Teamsprint gewinnt und verliert man gemeinsam."   (rs)
Robert Förstemann (r.): "Im Teamsprint gewinnt und verliert man gemeinsam".



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13.09.2007 - www.ssv-gera.de