Gera, 05.09.2009
Schwacher oder großer Gang?
Sichtungskonzept des SSV Gera lässt im Anfängerbereich keine Langeweile aufkommen.


Selbst nach dem neunzigminütigen Anfängertraining sind die Jüngsten noch bei guter Stimmung. Doch bevor es nach Hause geht, wertet Trainerin Melanie Lenk die Trainingseinheit mit den Sportlern aus. Da gibt es Lob, aber manchmal auch kritische Hinweise. "Frau Lenk, sollen wir einen schwachen oder großen Gang nehmen?" Fragen über Fragen stürmen auf Melanie Lenk ein. "Sie wollen alles genau wissen, am liebsten alles sofort ausprobieren und manch einer wird da schon einmal etwas übermütig", erzählt Melanie Lenk, die beim SSV Gera 1990 die Anfänger unter ihre Fittiche nimmt. Sie bringt ihnen das ABC des Radsports bei, was manchmal gar nicht so einfach ist. "Es ist aber nicht nur die Beherrschung des Rennrades, die es gilt zu erlernen. Als künftige Radsportler ist die gegenseitige Rücksichtnahme ganz wichtig. Nur so können sich die Renner später in der Gruppe behaupten, ohne sich gegenseitig zu behindern oder gar in Gefahr zu bringen", so die angehende Lehramtsanwärterin in der Fachrichtung Sport/Geographie.

Mit einer Patentlösung kann Melanie Lenk nicht aufwarten, aber sie hat schon ein Auge dafür, wie sie mit den Neuzugängen umzugehen hat, denn wer beim SSV Gera Radrennen fahren will, muss sich in die Hände der 26-jährigen Trainerin begeben. Natürlich reizt jeden das Befahren des Betonovals, doch bis es soweit ist, drehen die Anfänger ihre Runden auf der Warmfahrrunde. Das Auf- und Absteigen zählt zu den ersten Schritten, die trainiert werden, wie auch das Bremsen und Schalten. Erst dann geht es auf das Betonoval. "Am Anfang üben wir das Losfahren von der Bande, ohne dabei den Fuß auf die Bahn zu setzen. Ihre ersten Runden drehen sie unten auf dem blauen Teppich, dann geht’s immer höher hinauf. Wichtig ist hier, dass immer getreten wird. Wer das vergisst, rutscht ab und stürzt. Doch es ist erstaunlich, wie schnell das begriffen wird", erzählt Melanie Lenk. Ein weiterer Schritt ist das Heranführen der Sportler an das wettkampforientierte Training. "Dabei ist es wichtig, dass vor dem Zielstrich nicht abgebremst, sondern weiter getreten wird", verweist die Trainerin auf einen häufigen Fehler. Aber auch das kennt Melanie Lenk: "Wenn ich die Sportler auffordere in den Kurven ganz oben zu fahren, dann höre ich oft, 'das traue ich mir nicht', doch dann möchten sie am liebsten immer oben fahren." Nicht so zu begeistern sind sie für das Geschicklichkeitsfahren, aber auch das gehört zur sicheren Rennradbeherrschung.

Philipp Schubert hatte schon beim Olaf-Ludwig-Pokal 2008 Gefallen am Radsport gefunden. Doch nicht jeder fängt bei Null an, auch wenn es einiges zu beachten gibt, beim Wechsel vom Straßen- auf das Rennrad. Als Einsteiger gut zurecht kommt Philipp Schubert. Gefallen hatte er schon am Radsport beim Olaf-Ludwig-Pokal 2008 gefunden. "Weiß nicht, warum ich nicht damals schon damit begonnen hatte. Jetzt bereue ich es etwas", verrät der 12-jährige. Beim Sporttag am Theodor-Liebe-Gymnasium entschied er sich für den Radsport und meint es jetzt ernst damit. "So einige Kniffe werde ich ihm noch beibringen, aber ansonsten ist er bei den Größeren besser aufgehoben", meint Melanie Lenk. Zwar weiß der Siebtklässler, dass er dann in der Altersklasse U15 mit Sportlern mithalten muss, die teilweise schon drei bis vier Jahre trainieren, doch Angst davor hat er nicht.

Langweilig wird es im Anfängerbereich kaum. Dafür sorgt schon das beim SSV Gera 1990 enggestrickte Sichtungskonzept. Die Anfängergruppe zählt im Durchschnitt zehn bis zwölf Schulkinder. Mit Christian Magiera verfügt der Geraer Radsportverein seit Saisonbeginn über einen speziellen Sichtungstrainer. Knapp 60 Kinder kamen seit Februar 2009 über die Sichtung zum Verein. "In den Jahren vorher lag die Zahl im Durchschnitt bei 20", so Christian Magiera. Dreizehn von ihnen trainieren mittlerweile in den ihrem Alter entsprechenden Trainingsgruppen und fahren in ihren Lizenzklassen Radrennen. Waren es zu Saisonanfang drei Kinder in der U11 so werden derzeit elf Radsportler von Dr. Kerstin Riemann betreut und Rolf Riemann, Trainer der U13, hat sein bisher gestelltes Ziel an betreuten Sportlern von 15 auf 20 Aktive hoch gesetzt.

Grundlage für den Sichtungserfolg ist eine enge Zusammenarbeit mit den Schulen. So findet beispielsweise die dritte Sportstunde der Viertklässler aus der Hans-Christian-Andersen-Grundschule auf der Radrennbahn statt. Allein 2009 kamen nach dem Olaf-Ludwig-Pokal 14 Kinder zum Schnuppertraining. 2007 hatte diesen Carolin Henkel gewonnen, in diesem Jahr erkämpfte sie sich bei den Thüringer Landesverbandsmeisterschaften Bahn je zwei Mal Gold und Silber. Über das Sportprojekt mit dem Schullandheim "Station Junge Touristen" in Lusan kam Vanessa Lange zum SSV Gera, brachte später ihre Schwester Maraike mit, die bei den Verbandsjugendspielen 2009 in der U11 Platz drei belegte.   (rs)


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06.09.2009 - www.ssv-gera.de