Gera, 18.09.2009
Sein behutsamer Aufbau von Sportlern zahlt sich aus.
Mit Tina Liebig, John Degenkolb und André Greipel starten drei ehemalige Schützlinge des Geraer Trainers Gerald Mortag bei der WM in Mendrisio.


Vom 23. bis 27. September 2009 finden im schweizerischen Mendrisio die Straßenweltmeisterschaften statt. Unter den 28 vom Bund Deutscher Radfahrer nominierten Sportlerinnen und Sportler sind auch drei ehemalige, dem SSV Gera 1990 noch heute aufs engste verbundene Athleten: Tina Liebig (Frauen/Team DSB Bank Nederland Bloeit), John Degenkolb (U23/Thüringer Energie Team) und André Greipel (Männer/Columbia HTC). Trainiert wurden sie von Gerald Mortag, der damit einen beachtlichen Anteil daran hat, dass diese Sportler bei den Welttitelkämpfen die bundesdeutschen Nationalfarben vertreten. Mit welchen Gefühlen er der Weltmeisterschaft entgegenfiebert und was er sich von seinen ehemaligen Schützlingen erhofft, darüber sprachen wir mit dem Geraer Trainer.

Gerald Mortag Im Vorfeld der Weltmeisterschaften wurde viel über die Nominierung spekuliert. Hatten Sie mit diesen drei Sportlern gerechnet?
Die Nominierung von John Degenkolb und André Greipel hat mich nicht überrascht. Tina Liebig zählte zum erweiterten WM-Kaderkreis, wobei klar war, dass von den acht Benannten zwei noch gestrichen werden. Ich denke, hier siegte das Prinzip der Hoffnung.

Für Tina Liebig ist es nicht die erste Weltmeisterschaft, doch seit ihrem JWM-Titel ist ihr bei der Frauen-WM der große Durchbruch noch nicht gelungen. Wie sehen Sie ihre jetzige Chance?
Ich freue mich sehr darüber, dass sie den Sprung in das WM-Team geschafft hat. Für sie sicherlich auch eine Motivation. Ich bin überzeugt, dass sie auch in den kommenden Jahren noch auf einem hohen Niveau Radrennen bestreiten wird. Bisher musste sie Radsport und Studium unter einen Hut bringen. Jetzt kann sie sich voll auf den Radsport konzentrieren. Sie kann und wird sich noch weiter steigern, da bin ich mir sicher. Was ihr jedoch fehlt, sind Siegleistungen. Sie hat in der Vergangenheit stabile Leistungen nachgewiesen, nun muss sie um Podestplätze kämpfen. Ich bin aber zuversichtlich, denn ihr Leistungsvermögen hat sie noch nicht voll ausgereizt.

Sie waren der Trainer von John Degenkolb, der als er einer der jüngsten Starter im Vorjahr Bronze beim U23-WM-Straßenrennen holte. Trauen Sie ihm in diesem Jahr einen ähnlichen Erfolg zu?
Warum nicht. John hat sich auf jedem Fall sportlich weiterentwickelt. Er besitzt das Leistungsvermögen, um vorn mitzufahren. Beim Straßenrennen spielen natürlich die Tagesform und der Rennverlauf eine entscheidende Rolle. Die kürzlich stattgefundene Tour de l’Avenir hat gezeigt, dass neben John auch Sergej Fuchs und Dominik Nerz mit Top-Leistungen aufwarten können. Bleibt abzuwarten, wie sich die Rennsituation gestaltet.

Hinter André Greipel liegt eine äußerst erfolgreiche Saison 2009. So mancher Insider hatte ihn schon bei der diesjährigen Tour de France gesehen. Nun könnte er es allen bei der WM zeigen. Trauen Sie ihm das zu?
Ich glaube nicht, dass er jemandem etwas bei der Weltmeisterschaft beweisen muss. Was er sportlich drauf hat, das hat er über die gesamte Saison bewiesen, und das für mich eindrucksvoll. Ich denke dabei nur an die Spanien-Rundfahrt. Drei Wochen im Sattel und nur eine Woche Pause bis zur Weltmeisterschaft, da kann man keine Wunderdinge erwarten und dann noch auf einer so schweren Strecke wie in Mendrisio. Sicherlich könnte er mit einer vorderen Platzierung oder gar mit einer Medaille für einen krönenden Saisonabschluss sorgen. Aber auch wenn nicht, ändert sich nichts daran, dass er der derzeit beste deutsche Radprofi ist. Und allein das ist, was zählt.

Wenn ehemalige Sportler von Ihnen bei solchen Sporthighlights starten, welche Gedanken gehen Ihnen da durch den Kopf?
Es macht mich schon stolz. Zeigt es mir doch, dass meine Art, Sportler zu entwickeln, richtig ist. Mein Ziel war es und ist es auch heute noch, Sportler zu entwickeln, die auch später noch zu höheren Leistungen fähig sind. Sportler auf Siege zu trimmen, war nie meine Art. Sie behutsam aufbauen, um dann Höchstleistungen zu zeigen, wo es darauf ankommt, wie im Profibereich. Ob nun Tina, John, André oder auch Eric Baumann und Robert Wagner, sie alle zeigen, dass sie mir dankbar dafür sind, dass ich sie auch mal in Ruhe gelassen habe.

Alle drei Sportler fahren heute in renommierte Radteams. Wie gestaltet sich Ihr Kontakt zu Ihnen?
Vorwiegend über Handy und per Mail. Wenn es die Zeit erlaubt, kommt es auch zu persönlichen Treffen. Wie mit André Greipel anlässlich der Ostthüringen Tour beim Prolog in Gera. Ansonsten verfolge ich deren sportliche Entwicklung und freue mich auch darüber, wenn sie mich um Rat fragen. Gern gebe ich ihnen auch heute noch Hinweise.

Werden Sie die Wettbewerbe im Fernsehen verfolgen?
Ob ich die Radrennen am Fernseher verfolgen kann, eher nicht. Genau zu dieser Zeit bin ich zum Bundessichtungsrennen der Jugend und Junioren in Öschelbronn. Wenn sich aber die Gelegenheit ergibt, dann schon. Vielleicht stellt der Veranstalter einen Fernseher auf. Auf jeden Fall sind meine Gedanken bei ihnen.   (rs)


Homepage der  Straßen-WM 2009 in Mendrisio (SUI) >>

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18.09.2009 - www.ssv-gera.de